Dokumentarische Quellen zur Geschichte von Trapezunt (13. - 15. Jh.)
FWF Projekt AP 3024221
Projektleiter: Prof. Dr. Andreas E. MÜLLER
Projektmitarbeiter: Dr. Rudolf STEFEC
Projektbeginn: 1. August 2017
Projektende: 31. Juli 2020
Quellen zur Geschichte von Byzanz fließen spärlich; dies gilt insbesondere für einen der Nachfolgerstaaten des Byzantinischen Reiches nach der Eroberung Konstantinopels im Jahre 1204, Trapezunt. Die meisten unserer lnformationen entstammen nicht byzantinischen Quellen, die sich für das kleine Kaiserreich kaum interessieren oder tendenziös berichten, sondern einer kurzen Palastchronik aus dem Umfeld des trapezuntinischen Hofes. Wertvoll, wenn auch wenig ergiebig sind hagiographische Texte sowie einzelne Nachrichten, die in Schriften in Trapezunt wirkender Gelehrter enthalten sind. Wichtiger sind Informationen, die von westlichen Autoren (genuesische und venezianische Kaufleute, Reisende, Diplomaten) überliefert sind; ein hoher Stellenwert kommt auch den bisher ungenügend herangezogenen orientalischen (türkischen, arabischen, persischen) Quellen zu. All diesem Material ist jedoch eines gemeinsam, nämlich eine Sicht von außen; einzig authentisches dokumentarisches Material (Urkunden aus der Kaiserkanzlei der trapezuntinischen Herrscher) ist, ergänzt durch Siegelfunde und Inschriften, dazu geeignet, die Selbstdarstellung der trapezuntinischen Herrscher, den Willen, sich in dem «Rennen» der drei griechischen Territorialstaaten Nikaia, Epeiros und Trapezunt um das byzantinische Erbe möglichst günstig zu positionieren, zu beleuchten. Nicht nur der Herrschertitel, sondern auch die äußere Gestalt der Urkunden (überliefert sind vier Originale, vier griechische Kopien, mehrere lateinische Übersetzungen und drei Fälschungen), etwa der Beschreibstoff und ein spezieller Schriftstil, sind eine bewusste Anknüpfung an die glorreiche Geschichte der Komnenen-Dynastie, ein Mittel zur Legitimierung der Macht. Darüber hinaus bietet dieses dokumentarische Material, ergänzt durch das Urkundendossier des Klosters Vazelon, einmalige Einblicke in die politische und wirtschaftliche Geschichte der südlichen Schwarzmeerregion. Das Projekt hat zwei Hauptziele: (1) Erstellung neuer, solider Arbeitsinstrumente, die bestehende Forschungslücken schließen sollen und (2) Beleuchtung der imperialen Ambitionen der lokalen Herrscher mit Hilfe des analysierten dokumentarischen Materials. Konkret zu erwartende Forschungsergebnisse sind: (1) Vollregesten der trapezuntinischen Kaiser nach dem Vorbild des Regestenwerkes von F. Dölger (in dem nur Dokumente des nizänischen Reiches angeführt sind), erstellt auf der Basis einer erneuten, sorgfältigen Auswertung aller verfügbarer Quellen, die in Artikelform publiziert werden sollen; (2) kritische Neuedition aller Dokumente der trapezuntinischen Kaiser, die im griechischen Urtext überliefert sind (mit deutscher Übersetzung und Kommentar), einschließlich einer Studie über die trapezuntinische Kaiserkanzlei und Hoftitel, in monographischer Form. Vorläufige Ergebnisse von (1) und (2) sollen so rasch wie möglich über Internet zugänglich gemacht werden.