Byzantnische Epigramme auf Ikonen und Objekten
Die literarische Gattung des Epigramms reicht bis in die Antike zurück. Umfasste der Begriff ursprünglich nur Inschriftliches, wurde er allmählich auch für literarische Texte verwendet. Das Epigramm lebt in byzantinischer Zeit weiter, wobei darunter Texte profanen, vor allem aber theologischen Inhalts zu verstehen sind, die aus einem bis mehreren Dutzend Versen bestehen können. Die systematische Erforschung des byzantinischen Epigramms ist noch relativ jung. Noch immer grundlegend ist das einführende Werk von A. Kominis zum religiösen byzantinischen Epigramm aus dem Jahr 1966. Heute ist als Forscher auf dem Gebiet des byzantinischen Epigramms vor allem M. Lauxtermann zu nennen; H. Maguire widmet sich in seinen einschlägigen Arbeiten der Interaktion von Epigrammen und Kunstwerken. Auch der Antragsteller hat sich in mehreren Publikationen mit der sprachlich-philologischen Erforschung des byzantinischen Epigramms auseinandergesetzt.
Das byzantinische Epigramm ist nicht nur literarisch, sondern auch inschriftlich überliefert. Eine vom Antragsteller initiierte Sammlung von inschriftlich überlieferten Epigrammen umfasst gegenwärtig ca. 1200 Stück mit mehr als 5500 Versen, wobei diese Epigramme sowohl auf großflächigem (Fresken, Mosaiken, Stein) als auch auf kleinflächigem (Ikonen, Objekte der Kleinkunst, Handschriften) Untergrund überliefert sind. Es ist Ziel des Unternehmens, alle inschriftlich überlieferten Epigramme zu edieren, zu übersetzen und mit inhaltlichen sowie sprachlich-philologischen Kommentaren zu versehen.
Ein erster Band, der Epigramme auf Fresken und Mosaiken umfasst, befindet sich in der Endphase der Ausarbeitung. Er wird neben den Editionen sowie Kommentaren auch eine ausführliche Einleitung, Indices und einen Tafelteil umfassen. In einem zweiten projektrelevanten Band sollen Epigramme auf Ikonen und Objekten der Kleinkunst präsentiert werden. Als Objekte der Kleinkunst sind vor allem Staurotheken, Reliquiare, Kreuze, Elfenbeine, Textilien u.ä. zu verstehen. Auf Ikonen begegnen Epigramme entweder auf dem Gegenstand selbst oder auf den Verkleidungen. Der Großteil der Objekte der Kleinkunst mit Epigrammen entstammt dem kirchlichen Bereich; daneben sind aber auch ein paar profane Objekte erhalten, auf denen sich Verse befinden, so beispielsweise mehrere Säbel, ein im Nationalmuseum von Skopje aufbewahrter Trinkbecher oder ein Ring, der vom serbischen Prinzen Stefan Radoslav der Tochter des epirotischen Herrschers Theodoros als Geschenk überreicht wurde.
Das Endziel des gegenwärtigen Projekts ist eine bessere Kenntnis der auf Ikonen und Objekten der Kleinkunst überlieferten Epigramme. Dabei sind Fragen formaler (Metrik, Sprache etc.) und inhaltlicher (Datierung, Autorschaft, Prosopographie etc.) Natur zu erörtern. Mithilfe des Vergleichs zwischen den inschriftlich und den handschriftlich überlieferten Epigrammen soll die nicht unbedeutende Stellung des Epigramms in der Kultur der Byzantiner unterstrichen werden. Daneben versteht sich das Projekt als Beitrag zur systematischen Erforschung der in Byzanz omnipräsenten Interaktion von Wort und Bild.
Projektleiter:
Prof. Dr. Wolfram HÖRANDNER
Institut für Byzanzforschung der ÖAW
Wohllebengasse 12-14
wolfram.hoerandner@assoc.oeaw.ac.at
Tel. (1) 51581 3451
Beginn: 01.11.2007
Ende: 31.10.2010