Dokumentarische Quellen aus Festlandgriechenland im 13. Jahrhundert
Quellen zur Geschichte von Byzanz fließen im Allgemeinen spärlich; ganz besonders gilt dies für einen der Nachfolgestaaten des Byzantinischen Reiches nach der Eroberung Konstantinopels im Jahre 1204, Epirus. Die meisten unserer Informationen über Festlandgriechenland im 13. Jahrhundert entstammen neben westlichen Chronisten den Werken jener byzantinischen Historiker, die aus der ideologischen Perspektive des Kaiserreiches von Nikaia berichten. Autoren, die in ihrer Berichterstattung von der nizänischen Propaganda nicht beeinflusst sind (Bardanes, Chomatenos, Apokaukos), kommt daher bei einer Neubewertung der historischen Rolle, die Epirus bei der griechischen Reconquista ehemaliger byzantinischer Gebiete gespielt hat, besondere Bedeutung zu. Aus demselben Grund sind auch dokumentarische Quellen des 13. Jahrhunderts wichtig, die aus Festlandgriechenland stammen, und die in der Forschung bisher nicht die gebührende Beachtung gefunden haben. Der Titel des jeweiligen Herrschers von Epirus in seinen Dokumenten (überliefert sind sechs lateinische Kopien, sechs griechische Kopien und drei Originale aus der Kanzlei der Angeloi-Herrscher vor 1303) reflektiert gut das sich verändernde Ausmaß imperialer Ansprüche der Herrscher von Epirus und Thessalonike. Darüber hinaus bietet auch das reiche dokumentarische Material, das in dem so genannten Chartular der Klöster Makrinitissa und Nea Petra in der Nähe von Volos überliefert ist und sich über nahezu das gesamte 13. Jahrhundert erstreckt, einmalige Einblicke in die politische und wirtschaftliche Geschichte Thessaliens, das von der lokalen Familie der Maliasenoi zunächst im Namen der Herrscher von Epirus regiert wurde.
Das Projekt hat zwei Hauptziele:
(1) Erstellung neuer, solider instrumenta studiorum, die bestehende Forschungslücken schließen sollen und (2) Beleuchtung der zentrifugalen Kräfte in der politischen Geschichte Festlandgriechenlands im 13. Jahrhundert mit Hilfe des analysierten dokumentarischen Materials.
Konkret zu erwartende Forschungsergebnisse sind:
(1) Vollregesten der Dokumente der Angeloi-Herrscher in Epirus und Thessalonike nach dem Vorbild des Regestenwerks von F. Dölger (in dem nur die Dokumente des nizänischen Reiches angeführt sind), erstellt auf der Basis einer erneuten, sorgfältigen Auswertung einschlägiger Quellen (Historiographie, Epistolographie, Berichte lateinischer Autoren, epigraphisches Material), die in Artikelform publiziert werden;
(2) kritische Neuedition aller Dokumente der Angeloi-Herrscher, die im griechischen Urtext überliefert sind (mit deutscher Übersetzung und Kommentar), auch diese in Artikelform;
(3) kritische Neuedition des so genannten Chartulars der Klöster Makrinitissa und Nea Petra mit deutscher Übersetzung und Kommentar in der Form eine Monographie, mit ausführlicher Studie über die Auswirkung der schnell wechselnden politischen Situation in der Region auf die Urkundentätigkeit der unabhängigen oder quasi-unabhängigen Herrscher der Region (Angeloi, Ioannes Palaiologos, Alexios Sthlavos und andere).
Vorläufige Ergebnisse von (1) und (2) sollen so rasch wie möglich über Internet zugänglich gemacht werden.
Projektleiter:
Univ.Prof. Dr. Andreas Müller
Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien
Postgasse 7/1/3
1010 Wien
a.e.mueller@univie.ac.at
Projektmitarbeiter:
Dr. Rudolf Stefec
Institut für Byzantinistik und Neogräzistik
Postgasse 7/1/3
1010 Wien
Beginn: 01.08.2011
Ende: 31.07.2014